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Rückzahlung von Fortbildungskosten bei Eigenkündigung

In einem vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedenen Fall begann ein Bankangestellter   in Vollzeit mit Zustimmung seines Arbeitgebers im Herbst 2008 einen zweijährigen   berufsbegleitenden Masterstudiengang. Arbeitnehmer und Arbeitgeber schlossen   einen „Fortbildungsvertrag mit Rückzahlungsklausel“. Dieser Vertrag   sah u. a. die Freistellung an 15 Tagen im Jahr vor. Der Mitarbeiter verpflichtet   sich seinerseits, ein Kontokorrentkonto zu eröffnen, von dem die Lehrgangskosten   sukzessive nach Entstehung belastet werden. Die Rückerstattung erfolgt   jährlich (12/36) durch Gutschrift auf das Kontokorrentkonto. Bei Kündigung   durch den Arbeitnehmer innerhalb 3 Jahren nach Abschluss der Fortbildungsmaßnahme   hat er die Restforderung aus dem Kontokorrentkonto zu tragen.
Der Arbeitnehmer kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2010 mit   der Begründung, dass sein Arbeitgeber ihn nach Abschluss der Fortbildung   nicht ausbildungsadäquat beschäftigen könnte. Der Arbeitgeber   behielt daraufhin das Novembergehalt 2011 ein und forderte vom Angestellten   den Ausgleich des Kontokorrentkontos.
Der Fortbildungsvertrag differenzierte nicht danach, ob der Grund für   die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Sphäre des Arbeitgebers   oder des Arbeitnehmers entstammt, und greift damit ohne Einschränkung auch   dann ein, wenn die Kündigung durch den Arbeitgeber (mit-)veranlasst wurde,   z. B. durch ein vertragswidriges Verhalten.
Nach Auffassung des BAG ist es nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht   schlechthin an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers   innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen. Vielmehr muss nach   dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenziert werden. Eine Rückzahlungsklausel   stellt nur dann eine ausgewogene Gesamtregelung dar, wenn es der Arbeitnehmer   selbst in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung   zu entgehen.
Die Vorteile der Ausbildung und die Dauer der Bindung müssen in einem   angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Das Interesse des Arbeitgebers   geht typischerweise dahin, die vom Arbeitnehmer erworbene Qualifikation möglichst   langfristig für seinen Betrieb nutzen zu können. Dieses Interesse   gestattet es ihm, als Ausgleich für seine finanziellen Aufwendungen von   einem sich vorzeitig abkehrenden Arbeitnehmer die Kosten der Ausbildung ganz   oder zeitanteilig zurückzuverlangen. Wollte oder konnte der Arbeitgeber   die erlangte weitere Qualifikation des Arbeitsnehmers nicht nutzen, kann der   Bleibedruck, den die Dauer der Rückzahlungsverpflichtung auf den Arbeitnehmer   ausübt und durch den er in seiner durch das Grundgesetz geschützten   Kündigungsfreiheit betroffen wird, nicht gegen ein Interesse des Arbeitgebers   an einer möglichst weitgehenden Nutzung der erworbenen Qualifikation des   Arbeitnehmers abgewogen werden. Damit war die im Fortbildungsvertrag vereinbarte   Rückzahlungsklausel unwirksam.

Kategorie: Arbeitsrecht | Veröffentlicht am 17. März 2015