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Entgangener Gewinn als Schaden des Mieters bei Vereitelung seines Vorkaufsrechts

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich am 21.1.2015 in einer Entscheidung mit   der Frage zu befassen, ob ein Mieter wegen der Vereitelung seines gesetzlichen   Vorkaufsrechts auch Schadensersatz in Höhe des ihm entgangenen Gewinns   verlangen kann.

Im entschiedenen Fall verkaufte ein Hausbesitzer im Jahre 2011 sämtliche   Wohnungen eines Mehrfamilienhauses zu einem Preis von ca. 1,3 Mill. €.    Eine seit 1992 in einer der Wohnungen lebende Mieterin wurde nicht vom Kaufvertragsabschluss   unterrichtet noch auf ein Vorkaufsrecht hingewiesen. Im Jahr 2012 bot ihr dann   der neue Eigentümer die von ihr bewohnte Wohnung zum Preis von ca. 266.000    € zum Kauf an. Sie macht geltend, der Vorbesitzer habe durch die unterlassene   rechtzeitige Unterrichtung von dem Verkauf ihr gesetzliches Vorkaufsrecht vereitelt   und sei daher zum Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verpflichtet. Bei   Ausübung des Vorkaufsrechts hätte sie die Wohnung, die einen Verkehrswert   von ca. 266.000 € aufweise, zu einem Kaufpreis von (nur) ca.186.000 €    (auf ihre Wohnung entfallender Anteil an dem gezahlten Gesamtkaufpreis) erwerben   und dadurch einen Gewinn von ca. 80.000 € erzielen können.

Die Richter des BGH kamen zu dem Entschluss, dass einem Mieter ein Anspruch   auf Ersatz der Differenz zwischen dem Verkehrswert der Wohnung und dem mit dem   Dritten vereinbarten Kaufpreis als Erfüllungsschaden zustehen kann. Dies   ist insbesondere dann der Fall, wenn er infolge einer Verletzung der den Vermieter   treffenden Mitteilungspflichten vom Inhalt des Kaufvertrags und seinem Vorkaufsrecht   erst nach Übereignung der Wohnung an den Dritten Kenntnis erlangt und aus   diesen Gründen von der Ausübung des Vorkaufsrechts absieht.

In ihrer Begründung führten die Richter aus, dass die Mitteilung   vom Eintritt des Vorkaufsfalls und die Belehrung über die Vorkaufsberechtigung   den Mieter in die Lage versetzen sollen, sein Vorkaufsrecht auszuüben und   damit einen Anspruch auf Übereignung der Wohnung zu begründen. Erhält   der Mieter diese Informationen erst zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kaufvertrag   mit dem Drittkäufer schon abgewickelt worden ist, steht zu vermuten, dass   der Vermieter die nicht mehr in seinem Eigentum stehende Wohnung nicht an den   Mieter übereignen kann. In einem solchen Fall ist vom Mieter nicht zu verlangen,   dass er zunächst das Vorkaufsrecht ausübt, um hierdurch einen Kaufvertrag   mit dem Vermieter zustande zu bringen, den dieser von vornherein nicht erfüllen   kann. Vielmehr kann der Mieter dann unmittelbar Ersatz des Erfüllungsschadens    – hier entgangener Gewinn – begehren, der ihm bei Ausübung des Vorkaufsrechts   entstanden wäre.

Kategorie: Mietrecht | Veröffentlicht am 17. März 2015